Nikolaus Kapelle
Die Nikolauskapelle
Am östlichen Dorfrand von Nassenfels, an der Straße nach Wolkertshofen, steht von alten Bäumen eingerahmt die Nikolauskapelle. Die Einheimischen nennen sie liebevoll „Klauskapelle“ und den Ort, auf den sie gebaut wurde, den „Klausbuk“
Geschichtliche Entwicklung
Die Nikolauskapelle steht auf dem Areal eines ehemaligen römischen Gräberfeldes. Bei Ausgrabungen entdeckte man Fundamentreste einer ersten Steinkirche, wohl aus der Zeit um 1000 n. Chr., sowie Teile eines Grundrisses, der auf einen gotischen Sakralbau schließen lässt. Diese verhältnismäßig große Anlage könnte als Vorgänger der heutigen Pfarrkirche im Dorf unten interpretiert werden. Zudem wäre die Übereinstimmung des gemeinsamen Patroziniums ein naheliegender Hinweis auf diese Situation.
1726 entstand nun über den Fundamentresten der ersten Steinkirche und einer weiteren gotischen Vorgängerkirche die barocke Nikolauskapelle in ihrer jetzigen Form.
Die Geschichte des barocken Baus ist wenig geklärt.
Der Baumeister, der den symbolträchtigen achteckigen Zentralbau geplant hat, ist unbekannt.
Rechnungen zufolge war Sebastian Kirchmeyer von Buxheim der Maurermeister. Matthes Brunnmüller von Hofstetten erscheint als Zimmermeister. Ob Kirchmeyer auch die Pläne schuf, ist nicht bekannt.
Es fehlen auch Hinweise, die die Notwendigkeit eines Neubaus der Kapelle im Jahr 1726 klären könnten.
Grundriss der Nikolauskapelle, Kunstdenkmäler von Bayern, Felix Mader 1928
Beschreibung der Außenansicht
Die Kapelle ist ein Zentralbau in Form eines Achteckes, in das vier Stichbogenfenster eingelassen sind. Ein achtseitiges Helmdach bedeckt das Oktogon. Im Osten schließt sich ein rechteckiger Chorraum an, den zwei ovale Fenster erhellen. Der sechseckige Dachreiter auf dem Chor umschließt das Läutwerk einer einzigen kleinen Glocke, die die Kirchengänger zur Andacht ruft.
An der Westseite bildet eine winzige tonnengewölbte Vorhalle mit einem Satteldach den Eingang der Kapelle.
Die Innenausstattung
Eine große Anzahl bemerkenswerter, origineller Kunstwerke unterschiedlicher Qualität und Stilepochen, die zur ursprünglichen Ausstattung gehörten, warten auf umfassende Restaurierungsmaßnahmen und sind für Besucher nicht zugängig.
Wie die einzelnen Ausstattungsstücke ursprünglich im Raum angeordnet waren, entzieht sich unserer Kenntnis, da weder schriftliche noch fotografische Dokumente vergangener Zeiten zur Verfügung stehen.
Beschreibungen von Otto Rieder (1885) und Felix Mader (1928 ) befassen sich mit den Altären und einzelnen Figuren; sie ergeben aber kein vollständiges Bild zur historischen Gesamtausstattung.
Der Lehrer und Heimatpfleger Oswald Böhme beschreibt 1954 im Heimatblatt der Eichstätter Zeitung den Kirchenraum folgendermaßen:
„Dem Besucher fällt beim Betreten des Raumes sofort auf, dass keine Bilder an den Wänden hängen (von den kleinen Votivtafeln abgesehen), dass sowohl die Altärchen wie die Wände mit geschnitzten Figuren belebt sind. Die Statuen, die teilweise aus dem 15. Jhd. stammen, sind meist einfache, aber gute bäuerliche Arbeiten. Am eindrucksvollsten ist wohl der von seinen Martern ausruhende Christus, der auf einem Stock sitzt und von seinen Feinden gepeinigt, von seinen Freunden verlassen, in die Ewigkeit zu sinnen scheint.“
Ein Blick in die Kapelle
Die Glasfelder in der meist verschlossenen Eingangstür gestatten dem Besucher einen Blick in den Kirchenraum, der zur Zeit mit wenigen bereits restaurierten Ausstattungsstücken versehen ist.
Zwei Altäre gehören zur Zeit zur Ausstattung der Nikolauskapelle.
Ein barocker Altar im Chorraum aus der Mitte des 18.Jahrhunderts und ein Altar auf der rechten Seite des Hauptraumes, datiert auf die Zeit 1670.
Der Altar im Chorraum präsentiert sich in seiner restaurierten Erstfassung in zarter Marmorierung. Im Auszug darüber sitzt die zierlich geschnitzte Figur Gottvaters. Die blau gefasste Weltkugel zu seiner Linken zeichnet ihn als den Schöpfer der Erde aus. Ein goldener Strahlenkranz umringt eine Taube, die den Heiligen Geist symbolisiert, und schließt den Altaraufbau ab.
In der Nische des Altaraufsatzes steht von einer goldenen Muschel überwölbt
eine spätgotische Madonna mit dem Jesuskind, deren ursprünglicher Standort an einer anderen Stelle war.
Der Gottesmutter und dem Jesusknaben wurden in der Barockzeit Metallkronen mit Glasperlen aufgesetzt. Maria, der Himmelskönigin, gab man ein verziertes Zepter in die Hand . Damit wollte man sie der Barockzeit gemäß prunkvoll ausstatten, um sie gebührend zu ehren.
Der rechte Seitenaltar im Zentralbau
Die Altararchitektur wurde damals schwarz poliert. Die dunkle Farbe sollte das wertvolle Ebenholz vortäuschen und dadurch die Qualität des Materials steigern.
Der Altaraufsatz ist an den Längsseiten reich mit vergoldeter Knorpelwerkornamentik verziert. In der Mitte des gesprengten Giebels ist ein geschnitztes und in Gold gefasstesAufsatzwappen angebracht. Es zeigt eine männliche Figur, die in der rechten Hand ein Messer und in der linken Hand drei Ähren hoch hält.
Die Altarmensa und das Antependium sind Schreinerarbeiten neuerer Zeit. Sie wurden 2003 von Alfons Bauer aus Nassenfels ausgeführt..
Als Hauptaugenmerk des Altares steht derzeit zwischen zwei gedrehten Säulen in der blau gefassten Nische eine spätgotische Pietá.
Die Muttergottes ist in sitzender Position dargestellt. Auf dem Schoß hält sie den vom Kreuz genommenen Leichnam Jesu.
So eine Darstellung wird auch als „Vespergruppe“ bezeichnet. Sie beruht auf der Vorstellung, dass Maria den Leichnam ihres Sohnes am Karfreitag ungefähr zur Zeit des Abendgebetes, der liturgischen Vesper, entgegennahm
Maria ist deutlich größer als der Körper ihres Sohnes. Diese Besonderheit fällt auch bei anderen figürlichen Vespergruppen auf. Die natürliche Körpergröße von Jesus würde viel zu groß und zu schwer für Marias Schoß erscheinen.
An der Nordwand gegenüber ist ein großes Missionskreuz befestigt. Es erinnert an eine „Volksmission“ im Jahre 1771. Damals zogen Gruppen von zwei oder drei Patres (meist Jesuiten) von Dorf zu Dorf. Sie blieben dort mehrere Wochen mit dem Ziel, den Glauben der Pfarreigemeinde zu vertiefen.
Vierzehn kolorierte Drucke aus dem 19. Jhd.,stellen die Kreuzwegstationen dar und beleben in schlichter Weise die Wände des achteckigen Innenraums.
Obwohl die Nikolauskapelle in unseren Tagen nur noch wenig genutzt wird, hat sie in ihrer Beliebtheit nichts eingebüßt. Es ist immer noch etwas Besonderes für die Einheimischen, an den selten gewordenen Messen und Maiandachten teilzunehmen.
Edeltraud Schürch
Mai 2015
Fm. Lederer, 2003, Restaurationsbericht
Felix Mader, 1928 , Die Kunstdenkmäler von Bayern, Mittelfranken
Dr. Karl Heinz Rieder 1986, Nassenfels – 1900 Jahre Römerort
Otto Rieder 1890 , Versuch einer Geschichte von Nassenfels, Neuburger Kollektaneenblatt